"Die schwarze Madonna" von Noah Sow

"Die schwarze Madonna" von Noah Sow

Ein afrodeutscher Cozy Krimi, der in einem bayrischen Dorf spielt – eine überraschend spannende Kombination!

Klappentext

Die Hamburger Kaufhausdetektivin Fatou Fall fährt mit ihrer elfjährigen Tochter Yesim in die katholische Wallfahrtsstadt Altötting im tiefen Oberbayern.
Beim Besuch der örtlichen Kapelle werden sie Zeuginnen eines Vandalismus mit islamistischen Parolen. Im Regionalwahlkampf wird die Stimmung zunehmend angespannt und fremdenfeindlich, doch Fatou glaubt nicht daran, dass die Täter Fremde waren. Sie folgt ihrer Intuition und beschließt, den Vorfall aufzudecken. Mit Unterstützung der örtlichen Refugee-Gruppe ermittelt sie in mono- und multikulturellen Milieus und parteipolitischen Parallelgesellschaften – und ist der Lösung zum Greifen nahe, als ein weitaus schwereres Verbrechen geschieht.
„Die Schwarze Madonna“ ist eine Geschichte voller Leben und Authentizität. Sie geht als vergnüglicher Mystery im Urlaub genauso unter die Haut wie als gesellschaftliche Analyse. Schwarze Deutsche werden vieles wiedererkennen und sich womöglich zum ersten Mal in diesem Genre unmittelbar adressiert wiederfinden. Die anderen lernen eine neue Perspektive dazu, mit Gefühl und tiefgründigem Humor. Fatou Fall ist die erste afrodeutsche Detektivin aus afrodeutscher Feder. Die Ermittlerin und ihre Tochter haben das Potenzial, dem Lesepublikum jedweden kulturellen Hinter- und Vordergrundes schnell ans Herz zu wachsen.

Wie mir das Buch gefallen hat

Eigentlich lese ich keine Heimatkrimis und erst rechts nichts, was in der bayrischen Provinz spielt, aber als ich auf Twitter auf »Die schwarze Madonna« aufmerksam wurde, reizte mich die Kombination doch sehr und ich hab es mit dem Buch versucht. Und auch wenn es nicht meine gewöhnliche Kost ist, hat mich der Debütroman von Noah Sow sehr gut unterhalten.
Noah Sow ist als Aktivistin besonders durch ihr Buch »Deutschland Schwarz Weiß« bekannt und hat sich mit »Die schwarze Madonna« zum ersten Mal der Belletristik zugewandt. Ein bisschen merkt man das auch – hier und da haben sich vereinzelte Fehler eingeschlichen, manchmal konnte ich Fatous Geistesblitzen nicht ganz folgen und hin und wieder hätte ich mir eine andere Gewichtung gewünscht zwischen dem, was kurz als Exposition abgehandelt und dem, was ausführlich gezeigt wurde. (Wobei viele dieser »Fehler« auch sicher Ansichtssache sind).
Neben einer spannenden Krimihandlung mit vielen überraschenden Wendungen steht in der Geschichte auch Fatous Privatleben im Fokus – kleinere und größere Familiendramen, neugeknüpfte Freundschaften und ihre Erfahrungen als schwarze Frau in einem konservativen katholischen Dorf im tiefsten Bayern. 
Insgesamt liefert Noah Sow eine sehr runde und unterhaltsame Geschichte mit sympathischen Hauptfiguren ab. Fatous Tochter Yesim war für mich der geheime Star des Romans! Und Bonuspunkte gibt es für eine genderqueere Nebenfigur, die wunderbar unaufgeregt eingeführt wurde – genauso, wie es sein sollte. 
Ich hoffe sehr, dass Fatou Fall bald wieder ermitteln darf. 
Einen Punkt möchte ich hier noch kurz ansprechen: In anderen Rezensionen habe ich die Kritik gelesen, es ginge in dem Buch zu sehr um Rassismus und Rassismuskritik. Was man als »zu viel« empfindet, ist da wahrscheinlich Geschmacksache, aber gerade auch im Hinblick auf die Thematik der Geschichte war es zum einen zu erwarten, dass Rassismus eine große Rolle spielen würde, und zum anderen ist es auch für das Verständnis der Figuren wichtig, einen Einblick in die Lebensrealtität von deutschen BIPoC zu gewinnen.
Die Geschichte greift dabei aktuelle Themen auf und beleuchtet Alltagsrassismus aus der Perspektive der Betroffenen. Bei politischen Büchern besteht immer die Gefahr, dass die Botschaft wichtiger als die Handlung und die Figuren der Geschichte werden, aber Noah Sow ist es gelungen, hier die Balance gut zu halten, und gleichzeitig schonungslos offen aufzuzeigen, wo sich überall der alltägliche Rassismus zeigt. Teils ernst, teils auch auf sehr unterhaltsame, augenzwinkernd Weise.
 Etwas, was mir als weiße Frau, die in einem kleinen konservativen Dorf sozialisiert wurde, manchmal doch auf unangenehme Weise den Spiegel vorgehalten hat – ganz so cozy war der Cozy-Krimi dann nicht. Aber schlussendlich ist das eine Geschichte, die sich an die deutsche BIPoC-Community richtet, die sich in 99% der Bücher und Filme nicht wiederfindet.
Wenn man Angst davor hat, sich auf andere Perspektiven einzulassen und sich selbst zu reflektieren, sollte man vielleicht zu einer anderen Lektüre greifen.

Links

Zur Webseite von Noah Sow
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